Klassenspiel der 11. Klasse

„Tote ohne Begräbnis“ von Jean-Paul Sartre

Klassenspiel der 11. Klasse der Freien Waldorfschule Böblingen

 

„Wir sind alle Tiere“ – heißt es von einem der Kollaborateure. Das Bühnenbild dreht sich und auf beiden Seiten stehen sie jeweils regungslos mit Tiermasken vor dem Publikum. Beide Seiten haben Blut an ihren Händen kleben. Die Haare stellen sich beim Publikum auf, als die verstörende Musik das Innenleben der Franzosen widerspiegelt und die Schreie der Widerstandskämpfer in der Turnhalle der Freien Waldorfschule Böblingen erschallen. Eine düstere Stimmung war zu spüren.

Frankreich in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, nur wenige Monate vor der Befreiung von den Alliierten. Seit der Eroberung von Paris im Jahr 1940 besetzten die Nationalsozialisten den Nordwesten Frankreichs und setzten ihren Eroberungszug in den Südosten fort. Es kommt zur Spaltung der französischen Nation, denn einerseits gibt es Kollaborateure, die die Nationalsozialisten bei der Eroberung unterstützten, andererseits den Widerstand, der mithilfe der Alliierten das Land zurückerobern will. So gespalten wie das Land, ist auch das Bühnenbild beim Klassenspiel der 11.

Die Drehbühne zeigt zwei Welten; die der Kollaborateure spielt in einem Klassenzimmer. Es ist durch leere Konservendosen und alten Büchern verdreckt und ein schwarzer Adler verunstaltet die unschuldigen Kinderbilder an der Wand. Die Widerstandskämpfer sind auf einem Dachboden gefangen, der bis zur Decke hinauf mit Kisten gestapelt und mit Koffern zugestellt ist. Zwei besondere Orte, die beide jeweils Raum für menschliche Verzweiflung, sadistische Exzesse und den Tod geben.

Satres Theaterstück „Tote ohne Begräbnis“ handelt von fünf französischen Widerstandskämpfern, die bei einer missglückten Mission in Vercors von Kollaborateuren gefangen genommen wurden. Nun stehen sie der Frage gegenübergestellt, ob sie sich der Folter widersetzen können. Es ist nicht ihre einzige Sorge, denn sie haben den Tod von 300 Unschuldigen auf dem Gewissen und das quält sie sehr. Wider Erwarten macht auch den Kollaborateuren das Foltern zu schaffen, denn neben Meinungsverschiedenheiten und Machtspielchen kommen die Alliierten immer näher, also wozu noch das Morden?

Inszeniert wurde das Klassenspiel von Mirkus Hahn, der aus den Schülern beeindruckende Schauspieler herausgelockt hat. Sie fühlten sich so in ihre Rolle hinein, dass die Zuschauer im Nachhinein um die seelischen Zustände der neuen Künstler besorgt waren. Wie sich herausstellte, eine unberechtigte Sorge, denn professionell haben die Elftklässler samt ihrer Garderobe ihre Rollen nach dem Stück abgelegt. Ausgelassen war dann die Stimmung im anschließenden Zusammenkommen bei einem französischen Buffet, das an beiden Spieltagen (Freitag, 30.6.2023 und Samstag, 1.7.2023) angeboten wurde. Wer selber Zeuge einer solchen Inszenierung sein möchte, hat kommendes Jahr erneut die Chance das Klassenspiel zu besuchen. Die neuen Termine werden zeitnah auf der Homepage bekanntgegeben.

Klassenspiel der 11. Klasse
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